Chronik

Vom Hemdglunker zum Friburger Glunki

Wess' Nam' und Art ...

Glunki? – Was ist eigentlich ein Glunki?

Eine klare Definition dieses Begriffs, der ausschließlich in der Mundart verankert ist, findet sich nirgends. Weder im Tagebuch des seligen Anton Müller noch im alemannischen Wörterbuch von Hubert Baum. Lediglich die Definition des Begriffs „Hemd-Glunki“ ist geläufig – Kinder, die im Nachthemd vor dem Schlafengehen noch durchs Haus toben, oder auch Erwachsene, die im Nachthemd mit einem leicht tadelnden Unterton beschrieben werden.

Mehr gibt es nicht.

 

Heutzutage ist der Begriff fast in Vergessenheit geraten, da man keine langen Nachthemden mehr trägt, sondern Pyjamas (Schlafanzüge). Doch der Verfasser dieses Textes erinnert sich noch gut daran, dass der Begriff Glunki vor mehr als 70 Jahren in Freiburg noch weit verbreitet war. „Des isch-der e scheene Glunki!“ – das war jemand, der sich gerne als dümmlich und naiv gab, in Wahrheit aber trotz scheinbarer Einfalt ein gerissenes Kerlchen war. Kein krimineller Typ, vielmehr ein Witzbold, ein Spaßmacher, vielleicht sogar eine Art Eulenspiegel.



Wie es zur Gründung der Hemdglunker-Zunft kam, ist ein eigenes Kapitel. Wie so oft im Lauf der Geschichte, lässt sich hier das Bonmot unserer westlichen Nachbarn „denne vum Rhy“ anwenden, nämlich: „Cherchez la femme!“ – auf gut Deutsch: „Es steckt eine Frau dahinter“. Es war anno 1937. Eine Stammtischecke in der „Goldenen Krone“ in der Kronenstraße war der Schauplatz. Die Stammtischrunde traf sich an Fasnet noch ohne Hemd, obwohl sie schon den ersten Narrenbaum vor dem Gasthaus gestellt hatten. Sie verkleideten sich recht und schlecht „närrisch“, schminkten sich das Gesicht und nannten sich „Narrennest Kronenviertel“. Bis dann eines schönen Winterabends die Wirtin, Frau Ida Wernet, im Nachthemd an den Stammtisch trat und den verdutzten Männern vorschlug, die nächste Fasnet einfach im Nachthemd zu feiern.

 

Die Idee wurde mit tobender Zustimmung und heller Begeisterung aufgenommen. Übrigens sei erwähnt, dass der Name „Narrennest Kronenviertel“ immer noch auf der uralten „Bimberkasse“ zu sehen ist, die bei den Sitzungen freiwillige Spenden der Mitglieder sammelt. Auch das ist Tradition, wenn man schon dieses militärisch duftende Wort verwenden will.

 

Anno 1939 war es dann soweit. Die Hemdglunker traten im Nachthemd auf, begleitet von einer Narrenkapelle, bestehend aus Ziehharmonika, Trommel und Trompete, und geführt von ihrem ersten Zunftvogt, Max Kuster. Doch die Herrlichkeit währte nur kurz. Im Herbst desselben Jahres brach der Zweite Weltkrieg aus, und die Zipfelmütze wurde durch den Stahlhelm ersetzt – und dann schwiegen alle Flöten. Kriege sind zu allen Zeiten die größten Widersacher der Fasnet gewesen.

 

Anno 1950, als sich der düstere Vorhang gehoben hatte, traten die Hemdglunker unter ihrem Fasnetmotto „Allem trutze“ wieder zur närrischen Schlacht an, und wieder war Max Kuster mit dabei und blieb es bis 1955. Seine Ernennung zum Ehrenmitglied, Ehrenzunftvogt und Oberzunftvogt sei nur am Rande erwähnt. Er gehört zu den Großen der Freiburger Fasnet, wie Willy Jäger, Harry Schäfer, Ernst Scheu, Bertl Eggert, Sepp Schleer, Willi Schneeberger, Dolfi Gailer und viele andere. Große Verdienste erwarben sich die Hemdglunker durch die Organisation und Durchführung des großen Kinderumzugs durch das Kronenviertel, der besonderen Glanz erhielt durch die Teilnahme von Oberbürgermeister Dr. Eugen Keidel und seiner Gattin. Sie wurden später, im Jahr 1981, aufgrund ihrer Verdienste zu Ehrenmitgliedern der Zunft ernannt, vor allem wegen ihrer Großzügigkeit zum Wohle der Kinder, die durch die beiden stets reich beschenkt wurden.

So geschah es jeweils am „Schmutzige Dunnschtig“. Die Zunft selbst bewirtete die Kinder kostenlos – sozusagen zum Nulltarif – mit Wurst, Wecken und Getränken. Auch mancher ältere Zuschauer bekam eine Wurst in die Hand gedrückt. Es war eine Art soziale Kinderfasnet. Der Umzug durch das Kronenviertel selbst fand unter großer Anteilnahme nicht nur der Bevölkerung des Kronenviertels, sondern auch der Unter- und Mittelwiehre statt und war eines der hervorstechendsten Ereignisse am Tag der Fasnetausgrabung im närrischen Freiburg.



Die Maske der Freiburger Hemdglunker – auch ein Kapitel für sich. Wie es eigentlich dazu kam, weiß niemand mehr genau. Es muss in den sechziger Jahren gewesen sein, als die Ansicht aufkam, man hätte lange genug das eigene Gesicht an der Fasnet zur Schau getragen. Kurz gesagt, man dachte an die Anschaffung von Holzmasken. Da war doch die vom Richard Fahr entworfene Stempelzeichnung, die das Gesicht eines Hemdglunkers mit einem zugekniffenen Auge und einer länglichen Nase zeigte. Dieses Gesicht ließ man als Maske schnitzen, zunächst in einer Auflage von acht Stück. Es gab jedoch einen sogenannten „Traditionsausschuss“, der Vorgänger des heutigen Brauchtumsausschusses, der die Maske begutachten, genehmigen oder ablehnen sollte. Der Leiter dieses Gremiums, der damalige Oberzunftvogt Ernst Scheu, meinte höchst unbürokratisch: „Worum nit? – Unseri Fasnet isch halt emol e Maskerad!“ Doch ein Ausschussmitglied – sein Name sei hier nicht genannt – widersprach vehement. Die Nase der Maske sei die gleiche wie die der „Blauen Narre“ und außerdem würden Hemdglunker keine Maske tragen. Er wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen und überzeugte schließlich die restlichen Ausschussmitglieder. Die Maske wurde abgelehnt. Man fügte sich dem demokratischen Urteil und ließ die Sache ruhen.

 

Doch – oh Ironie des Zufalls! – über zwei Jahrzehnte später stiftete derselbe heftige Ablehner von damals die Maske mit der angeblichen „Blauen-Narre-Nase“ ohne Wissen der Zunft dem Freiburger Narrenmuseum, einfach so, ohne urheberrechtliche Bedenken zu hegen. „Quo vadis, stultitia!“

 

Leider erkannte der bei der Übergabe anwesende Oberzunftvogt der Glunki den Sachverhalt und registrierte ihn. Bei der Übergabe wurde diese Maske nämlich als „Maske der Hemdglunker-Zunft“ deklariert.

 

2021 wurde mit Erlaubnis des Geschäftsführenden Zunftrates der Breisgauer Narrenzunft Freiburg e.V. die Maske der Hemdglunker-Zunft erstmals offiziell eingeführt. Sie wird seither von unseren Anwärtern, aktiven Mitgliedern und beim Hästanz getragen.



Mitte der siebziger Jahre stagnierte jedoch der Mitgliederstand und ging sogar zurück. Doch ein harter Kern Unentwegter hielt die Zunft am Leben. Um das Fortbestehen der Zunft zu sichern, beschloss man eine Radikalkur. Hans Kutzner, der damalige Zunftvogt, verfolgte mit bewundernswerter Energie und Zähigkeit die Umwandlung der Hemdglunker in „Friburger Glunki“. Er ließ dem Insignienmeister der Breisgauer Narrenzunft keine Ruhe, bis das Häs samt Maskenentwurf, Schnitt, Form und Anordnung der Fleckle vorlag – vorerst jedoch nur auf dem Papier. Die Formalitäten waren bald erledigt, und auch die Hürde des sogenannten „Kostümausschusses“ wurde genommen. Kutzner blieb am Ball, bis Heiner Stoll im „Hüsli“ in Grafenhausen die erste Maske geschnitzt hatte und im Do-it-yourself-Verfahren das erste Häs das Licht der Welt erblickte.

So wurden mit einem Schlag zwei Fliegen erwischt: Eine Zunft blieb erhalten und ein neues farbenprächtiges Häs bereicherte die Freiburger Fasnet.



Leider musste Hans Kutzner 1973 infolge eines Unfalls sein Amt zur Verfügung stellen. Die Glunki ernannten ihn zum Ehrenzunftvogt. Sein Nachfolger wurde Rudi Krieg

Im Januar 1984, elf Jahre nach seiner Wahl zum Zunftvogt und nach elf Jahren vorbildlicher Tätigkeit für die Zunft, wurde Rudi Krieg, der Unermüdliche, wenn es um die Belange der Zunft ging, zum Oberzunftvogt ernannt und durch die Breisgauer Narrenzunft bestätigt. 1989 ging Oberzunftvogt Rudi Krieg in den wohlverdienten Ruhestand, stand aber der Zunft noch einige Jahre mit seiner langjährigen Erfahrung zur Seite. Sein Nachfolger wurde der damalige zweite Zunftvogt Wolfgang Radel

Im Jahr 2000 wurde Wolfgang Radel zum Oberzunftvogt ernannt und durch die Breisgauer Narrenzunft bestätigt.

Zur Jahreshauptversammlung am 20. April 2001 stellte Oberzunftvogt Wolfgang Radel sein Amt als Zunftvogt der Friburger Glunki zur Verfügung. Unser neuer Zunftvogt wurde Andreas Waibel. Im Jahr 2012 wurde Andreas Waibel zum Oberzunftvogt ernannt und durch die Breisgauer Narrenzunft bestätigt. Zudem verlieh ihm die Narrenzunft der Friburger Glunki e.V. den Titel Ehrenzunftvogt und Ehrenmitglied.

2013 ging Oberzunftvogt Andreas Waibel in den wohlverdienten „Ruhestand“, ist aber nach wie vor als aktives Mitglied mit von der Partie. Unser neuer Zunftvogt ist nun Christian Schenk. 

Am feierlichen Zunftrat 2025 wird Christian Schenk zum Oberzunftvogt der Friburger Glunki ernannt.

2024 hatten wir nach 1961 und 1989 wieder einmal die Ehre, das Protektorat der Breisgauer Narrenzunft Freiburg e.V. unter der Leitung von (auf dem Bild v.l.n.r) Vizevogt Fabian Waibel, Zunftvogt Christian Schenk und Unterstützung von Oberzunftvogt Andreas Waibel zu übernehmen.